Table Editor And Planner, Or: Teapot!

Das wichtigste Grundprinzip von teapot ist die funktionale Adressierung von Zellen, d.h. die Aufgabe der vermutlich von VisiCalc stammenden Adressierung der Form A0, C5, usw.

Die wesentlichen Merkmale, die teapot von anderen Tabellenkalkulationen unterscheiden, sind:

• Anstatt der unflexiblen und komplizierten Syntax mit der Werte von Zellen in traditionellen Tabellenkalkulationen adressiert werden, benutzt teapot einen funktionalen Ansatz. Dieser führt zu einer sehr einfach zu verstehenden Syntax, die trotz der wenigen grundlegenden Funktionen eine sehr mächtige Semantik besitzt.
• In traditionellen flachen Tabellenkalkulationen wird die Fähigkeit benötigt, Zeilen oder Spalten zu verstecken, um damit Zwischenergebnisse zu verbergen. Das zeigt, daß zwei Dimensionen nicht genug sind, darum ist teapot dreidimensional. Die dritte Dimension kann man sich als übereinander liegende Arbeitsblätter vorstellen, sie ist von allen Funktionen ohne Einschränkung nutzbar.
• Anders als in vielen anderen Tabellenkalkulationen, haben alle Werte einen Typ und alle Operatoren und Funktionen prüfen die Typen. Das bedeutet, daß die Addition einer Dezimalzahl und einer Zeichenkette einen Fehler ergeben wird, anstatt zu einem (wahrscheinlich unerwünschten) Ergebnis zu führen.
• teapot bietet sehr komfortable iterative Ausdrücke, die nach dem Vorbild der getakteten Auswertung in der laufenden Doktorarbeit von Jörg Wittenberger <joerg.wittenberger@inf.tu-dresden.de> an der Technischen Hochschule in Dresden implementiert sind.
• Das Dateiformat ist mittels XDR definiert, wodurch es zwischen verschiedenen Architekturen portabel ist und Fehler durch Zahlenumwandlungen am geringsten gehalten werden können, oder meist gar nicht erst auftreten. Zusätzlich gibt es ein portables ASCII Dateiformat, welches die automatische Erstellung von Arbeitsblättern durch Shellskripte vereinfacht, sowie die Möglichkeit, Dateien im CSV, SC und WK1 Format zu importieren.
• teapot kann sehr einfach durch neue C Funktionen erweitert werden. Anstatt einfach alle Funktionen anderer Tabellenkalkulationen zu übernehmen, wurde versucht nur so wenige wie möglich zu implementieren, die dafür so kanonisch wie möglich sein sollen. Falls also eine Funktion vermißt wird, so bedeutet dies, daß sie bisher noch von niemand gebraucht wurde, oder daß es eine allgemeineren Weg gibt, das Problem zu lösen. In einem solchen Fall hilft eine E-mail an mich; ich werde dann versuchen herauszufinden, ob und was zusätzlich implementiert werden muß.
• Alle Meldungen werden in X/OPEN message catalogs gespeichert, eine übersetzte Version für andere Sprachen ist also recht einfach zu erstellen. Eine weitere Anpassung an nationale Konventionen ist geplant. Im Moment sind englische, niederländische und deutsche message catalogs in der Distribution enthalten.
• Wo möglich, wird der UNIX Philosophie gefolgt, alles klein und einfach zu halten. Anstatt also PostScript, DVI oder ähnliche Ausgabeformate zu generieren, hat teapot Schnittstellen zu troff/tbl und LaTeX und kann Arbeitsblätter im HTML und CSV Format speichern. Letzteres ist als Schnittstelle zu Grafiksoftware sehr beliebt.

Alternativ kann @() auch mit einem Zeiger auf eine Zelle aufgerufen werden. Zeiger sind ein eigener Datentyp, Elemente dieses Typs verweisen auf die Position einer Zelle und werden durch Labels oder Funktionen definiert. Durch die Verwendung von Labels werden Ausdrücke lesbarer. Statt A0+A1 (historisch) oder @(0,0)+@(0,1) kann man nun @(Fix_Kosten)+@(Variable_Kosten) oder, falls Labels für Spalten und Zeilen benutzt werden, @(x(Kosten),y(Papier))+@(x(Kosten),y(Bänder)) schreiben. (Dabei sind x(p) und y(p) die Spalten- und Zeilenkoordinate des Zeigers.)

Ein weiteres wichtiges Element ist eval(). Diese Funktion liefert den Wert des Ausdrucks auf den das Argument zeigt, aber die Auswertung wird im Kontext des aktuellen Ausdrucks vorgenommen. Anstatt viele Zellen mit dem gleichen Ausdruck zu benutzen, kann einer Zelle ein Label gegeben werden und die anderen Zellen bekommen nur eine Referenz auf diese Zelle. Wenn der Ausdruck dann geändert werden muß, so ist dies nur ein Mal nötig.

teapot hat keine eingebaute Programmiersprache, weil Programme in solchen Sprachen meist schlecht wartbar sind. Das bedeutet aber nicht, daß z.B. auf bedingte Auswertung verzichtet werden muß. Bedingte Auswertung wird durch eval mit einem Zeiger möglich, wobei eine Koordinate einen oder mehrere relationale Ausdrücke enthält, die jeweils zu 0 oder 1 ausgewertet werden.

Die erwähnten getakteten (iterativen) Ausdrücke bestehen aus zwei Teilen, dem reset und clock Anteil. Bei der ersten Auswertung einer Zelle wird der reset Anteil ausgewertet, alle weiteren Male wird der clock Anteil benutzt. Der reset Ausdruck 1 und der clock Ausdruck @()+1 ergibt eine Zelle, die beim Takten des Arbeitsblattes hochzählt. Es ist recht einfach, mittels getakteter Auswertung game of life oder die iterative Berechnung von Wurzeln als Arbeitsblatt zu modellieren.

teapot ist in ANSI C geschrieben und sollte auf jedem halbwegs POSIX konformen System mit den folgenden zwei Einschränkungen compilieren: SYSV curses wird für die Benutzerschnittstelle benutzt, also gibt es eine schnelle Bildschirmaktualisierung und Unterstützung von Funktionstasten. Die freie, zu SYSV curses kompatible, ncurses Bibliothek funktioniert aber auch ohne Probleme. Außerdem wird die Sun XDR Bibliothek benutzt, deren Code ebenfalls frei verfügbar ist. Im Moment läuft teapot auf Solaris 1.1.2, Solaris 2.3, HP-UX 9, Linux, FreeBSD 2.x und Ultrix 4.3. Eine Portierung auf andere Systeme ist normalerweise durch Anpassung des Makefiles möglich.

Source und Dokumentation zu teapot sind als GNU zipped tar file über ftp verfügbar.